Meet-the-Team: Tobias

In der Serie Meet-the-Team stellen wir jede Woche ein Mitglied der Forschungsgruppe vor, um einen Eindruck jenseits der wissenschaftlichen Arbeit zu vermitteln. Dazu hat uns unserer studentischer Mitarbeiter Philippe Sander ein paar Fragen gestellt.

Heute im Interview: Tobias. Als politischer Soziologie gilt sein Interesse insbesondere dem Einfluss von Beteiligungsmöglichkeiten auf Legitimitätseinstellungen und wie diese mit der substantiellen „Qualität“ von Beteiligungsbeiträgen zusammenhängen. Darüber hinaus leitet er die Nachwuchsgruppe. Mehr Infos zu Tobias‘ Forschung finden sich hier.

Foto: Tilman Schenk

Was hat dich dazu inspiriert, eine Karriere in deinem Forschungsbereich anzustreben, und wie hast du in deinem Fachbereich begonnen?

Ich glaube, für mich war schon immer von Bedeutung, wie Menschen ihre Geschicke bestimmen können und wie man dafür sorgt, dass Gesellschaften sich darauf einigen, wie sie zusammenleben wollen. Von daher hat mich bereits früh im Studium interessiert, was politische Beteiligung ist und welche Rolle sie für politische Entscheidungen spielt. Am Anfang meiner Forschung ging es dabei vor allen Dingen um den Einfluss des Internets. Viele Fragen waren damals noch offen. Eine davon war zum Beispiel, ob sich durch die digitalen Möglichkeiten mehr Leute beteiligen würden als früher, oder ob man mit Online-Partizipation überhaupt etwas bewirken kann. Mittlerweile sind die neuen Medien nicht mehr neu und ich verfolge darüber hinaus andere Fragen, aber dem Thema Beteiligung bin ich treu geblieben.

Kannst du dein aktuelles Forschungsprojekt beschreiben und was du damit erreichen möchtest? Was findest du daran persönlich am interessantesten?

In unserem aktuellen Forschungsprojekt ist die Grundfrage letztlich, wie in den Kommunen die Verkehrswende und die Anpassung and den Klimawandel gelingen können. Denn Mobilität ist ein wesentlicher Faktor für die Emissionen. Aus meiner Sicht ist das komplexe Thema Klimawandel und was wir dagegen tun können keine technische Frage, sondern eher eine soziale. Konkret: Wie schaffen wir es, die Dinge – von denen wir wissen, dass wir sie tun müssen – auch so zu tun, dass sie entsprechend ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltig sind und von der Bevölkerung akzeptiert werden.

Wie gehst du bei deiner Forschung vor? Welche Methoden, Theorien oder Frameworks verwendest du?

Also, ich denke das spannende ist, dass wir in der Forschungsgruppe mit der Soziologie, der Stadtplanung und der Informatik zusammen sehr interdisziplinär arbeiten, und jede Disziplin hat ihre eigenen Theorien und Methoden. Im Bereich der Partizipationsforschung geht es zum einen um die ganz grundsätzliche Frage, welche Funktion die Beteiligung von Bürger*innen über Wahlen hinaus eigentlich hat. Da geben partizipative Demokratietheorien natürlich andere Antworten als liberale oder gar elitäre Demokratieverständnisse. Dann beschäftigen wir uns viel mit der Frage, wer sich überhaupt beteiligt und warum, oder eben auch nicht. In meiner Forschung orientieren wir uns da vor allem am Civic Voluntarism Model. Ansonsten interessiert mich vor allem, inwieweit die Beteiligung zu mehr Akzeptanz von Entscheidungen führt bzw. auch von den für die Entscheidung Verantwortlichen. Da reden von Legitimität und arbeiten da viel mit Easton, Scharpf oder Norris.

Methodisch ist das Projekt auch ziemlich spannend, da wir sowohl quantitativ als auch qualitativ arbeiten und versuchen, beides zu verbinden. In meiner Forschung gehen wir vor allem quantitativ vor, mit standardisierten Befragungen und entsprechenden quantitativen Analyseverfahren.

Was sind einige der größten Herausforderungen, mit denen du in deiner Arbeit konfrontiert bist, und wie überwindest du sie?

Dass wir immer die Balance halten müssen zwischen der eigentlichen Forschung, dem Management der Forschung und der restlichen Selbstverwaltung. Außerdem entsteht eine ganze Reihe von Herausforderungen, wenn Wissenschaft und Praxis aufeinandertreffen, zum Beispiel zeitlich, weil wir oft von der Planung der Städte abhängig sind, mit denen wir zusammenarbeiten. Im Projekt selbst ist es besonders, weil wir mit den verschiedenen Disziplinen arbeiten. Da muss man eine gemeinsame Sprache finden. Das ist nicht immer einfach.

Wie bleibst du auf dem neuesten Stand der Trends und Entwicklungen in deinem Fachgebiet?

Für uns in der Wissenschaft ist das zum einen der direkte Austausch mit den Kollegen*innen, also auf Konferenzen. Was ich ansonsten mache, ist, dass ich mir regelmäßig die neusten Artikel aus Zeitschriften schicken lasse, die ich generell lese und die relevant und einschlägig für mein Thema sind. Ich finde das eine ganz gute Methode, um nebenbei einen Einblick in aktuelle Themen, Methoden und Debatten zu erhalten, die mich interessieren.

Wie arbeitest du mit anderen Forscher*innen oder Expert*innen in deinem Bereich zusammen, um deine Projekte zu verbessern?

Ich halte es für wichtig, dass wir regelmäßig Feedback einholen, wie beispielsweise bei Kolloquien für Dissertationen oder in Workshops, die wir organisieren. Dabei erhalten wir dann auch Rückmeldungen von Personen außerhalb unseres Projektes. Zusätzlich haben wir für unser Projekt einen wissenschaftlichen Beirat, der uns wertvolle Tipps gibt. Meiner Meinung nach ist es vor allem der konstante Austausch mit anderen, der wichtig ist. Dies kann informell im universitären Umfeld geschehen, indem man sich auf dem Flur trifft und über Themen spricht, oder auch formell bei Konferenzen.

Welchen Einfluss hoffst du, dass deine Forschung auf die Gesellschaft oder das Feld haben wird?

Ich persönlich sehe den Klimawandel als die größte Herausforderung für die Menschheit an. Aus meiner Perspektive ist der weniger ein technisches Problem, sondern vielmehr ein soziales Problem, welches gelöst werden müsste. Wir haben zum großen Teil die Technologie dazu, aber scheitern daran, uns auf die notwendigen Maßnahmen wie beispielsweise ein Tempolimit zu einigen. Im Idealfall trägt unsere Forschung dazu bei, dass wir ein paar Aspekte herausarbeiten, bei denen man davon ausgeht, dass sie dabei helfen könnten. Aber vielleicht findet man auch Situationen, für die sich herausstellt, dass Bürger*innenbeteiligung nicht das richtige ist und andere Formate oder Mittel gefunden werden müssen. Die große Frage ist, wie die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit gelingt, und an der versuchen wir, ein ganz kleines Stück mitzuarbeiten.

Kannst du uns von interessanten oder bedeutsamen Erfahrungen berichten, die du während deiner Forschung gemacht hast?

Das, was uns auszeichnet und was es besonders macht, ist die Zusammenarbeit mit der Praxis. Und da ist es eben immer wieder spannend, aus seinen akademischen Debatten herauszugehen und sich mit der Realität konfrontieren zu lassen. Da werden auch nochmal neue Akzente gesetzt. Wie gesagt, dass ist nicht immer einfach, aber das ist das was ich sehr schätze.

Vielleicht ein bisschen allgemeiner, aber was ich auch eine wichtige Erfahrung finde: Zu lernen, wie schön das ist, wenn andere Menschen, die man beim Beginn der wissenschaftlichen Karriere begleitet hat, gute Arbeit leisten und man das Gefühl hat, vielleicht doch einen gewissen Anteil daran zu haben, dass sie dann ihre Potentiale entfalten.

Welchen Rat hast du für Studenten und angehende Wissenschaftler, die gerade erst in ihre Karriere starten?

Die erste Frage, die man sich stellen muss ist: Was interessiert mich? Dabei ist die Balance zwischen Offenheit und Beharrlichkeit wichtig. Also nicht blind Trends zu folgen und Themen vorschnell fallen lassen, aber auch nicht beratungsresistent für die Vorschläge Anderer zu sein. Das zweite ist eher eine formale Sache. Die Wissenschaft hält unglaublich viel bereit. Das positive daran ist, man kann immer arbeiten, das negative ist, man wird auch immer arbeiten: diese Gedanken stellen sich ja nicht ab. Dessen muss man sich bewusst sein und für sich selbst entscheiden, ob das mit dem persönlichen Lebensplan zusammenpasst.

Schließlich, kannst du uns ein wenig über dich außerhalb deiner Arbeit erzählen? Welche Hobbys oder Interessen verfolgst du in deiner Freizeit, und wie ergänzen sie deine Forschung?

Das Thema Umweltschutz ist auch persönlich eines, dass mich begleitet. Zu fragen, was man persönlich tun kann, und wie man vielleicht auch andere davon überzeugt, ein bisschen mehr zu tun, als sie es jetzt tun. Damit gibt es mittlerweile eine schöne Verbindung zwischen dem was mir persönlich wichtig ist und was ich in meiner Forschung machen kann. Und so soll es ja auch sein. Ansonsten habe ich Familie und kann daher selten über Langeweile klagen.

Meet-the-Team: Katharina

In der Serie Meet-the-Team stellen wir jede Woche ein Mitglied der Forschungsgruppe vor, um einen Eindruck jenseits der wissenschaftlichen Arbeit zu vermitteln. Dazu hat uns unserer studentischer Mitarbeiter Philippe Sander ein paar Fragen gestellt.

Heute im Interview: Katharina Holec. Sie ist Soziologin und beschäftigt sich mit der Rolle von Beteiligung und Repräsentation für Legitimitätseinstellungen. Mehr Informationen zu Katharinas Forschung finden sich hier.

Foto: Tilman Schenk

Was hat dich dazu inspiriert, eine Karriere in deinem Forschungsbereich anzustreben, und wie hast du in deinem Fachbereich begonnen?

Durch eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit Dynamiken sozialer Ungleichheit habe ich angefangen, Sozialwissenschaften zu studieren. Im Studium habe ich dann gemerkt, dass ich Lust habe, diese Dynamiken messbar zu machen und mich zu diesem Zweck viel mit Statistik auseinandergesetzt. Ich habe versucht, mir dazu Methoden anzueignen. Am Ende des Studiums hatte ich dann das Gefühl, dass ich damit noch nicht aufhören möchte. 

Kannst du dein aktuelles Forschungsprojekt beschreiben und was du damit erreichen möchtest? Was findest du daran persönlich am interessantesten?

Es geht um die Frage, wer in konsultative Partizipationsverfahren involviert ist, wie diese Personen involviert sind und wie das zu Legitimitätseinstellungen der individuellen Personen beiträgt. Demokratie soll eigentlich jeder Person Mitwirkung ermöglichen, und obwohl der Ansatz konsultativer Partizipation zu alltagsrelevanten Fragen erstmal gut ist, funktioniert das natürlich nicht immer. Manche nehmen teil, andere nicht, wodurch nicht jedes Interesse eine Stimme hat. Das bewegt sich in einem Spannungsfeld zur eigentlichen Idee der demokratischen Partizipation und ist für mich deshalb spannend zu erforschen.

Wie gehst du bei deiner Forschung vor? Welche Methoden, Theorien oder Frameworks verwendest du?

Ich versuche, Unterschiede zwischen Gruppen im Mobilitätsbereich sichtbar zu machen, indem ich mir ihre Alltagspraxis anschaue. Dabei interessiere ich mich vor allem für die Konzeptualisierung des Outcomes, also der Frage, für wen sich Lebensverhältnisse durch ein partizipatives Verfahren verbessern. Methodisch bin ich da sehr klassisch quantitativ unterwegs und arbeite mit einer Mischung aus konfirmatorischen Faktorenanalysen, klassischer OLS-Regression und Panelregressionen.

Was sind einige der größten Herausforderungen, mit denen du in deiner Arbeit konfrontiert bist, und wie überwindest du sie?

In der Datenerhebung habe ich immer wieder das Problem, nicht alle gesellschaftlichen Gruppen gleich gut abbilden zu können, da einige lieber an Befragungen teilnehmen als andere. Das macht die Forschung in einem Bereich, der sich sensibel mit Ungleichheitsdynamiken auseinandersetzen will, etwas schwieriger. Weiterhin frage ich mich auf der Vermittlungsebene, wie man gut darstellen kann, dass Daten zwar versuchen, Realitäten sichtbar zu machen, aber am Ende immer noch sehr viele Unsicherheiten mit dem konkreten Element „Zahl“ verknüpft sind. Gute Daten und gute Auswertung bleiben natürlich weiterhin dabei die beste Möglichkeit, sich der Realität anzunähern.

Wie bleibst du auf dem neuesten Stand der Trends und Entwicklungen in deinem Fachgebiet?

Hauptsächlich über Plattformen wie Twitter und ResearchGate, aber auch durch Treffen mit Forschungsgruppen und der Teilnahme an Kolloquien und Konferenzen sowie durch die ständige Suche nach neuen Artikeln in relevanten Zeitschriften.

Wie arbeitest du mit anderen Forschern oder Experten in deinem Bereich zusammen, um deine Projekte zu verbessern?

Vor allem durch Kolloquien und Konferenzen, aber auch durch den regelmäßigen Austausch im Projekt. Es hilft auf jeden Fall, Routinen zu etablieren, durch die man sich den Austausch mit anderen im Alltag beibehält.

Welchen Einfluss hoffst du, dass deine Forschung auf die Gesellschaft oder das Feld haben wird?

Ich habe die Hoffnung, dass auf Basis verschiedener Forschung (nicht nur von mir) Praxiswerkzeuge erarbeitet werden können, die es ermöglichen, mehr unterschiedliche Personen in Partizipationsverfahren sichtbar zu machen.

Kannst du uns von interessanten oder bedeutsamen Erfahrungen berichten, die du während deiner Forschung gemacht hast?

Das waren besonders die Erhebungen im Rahmen des Projektes. Ich war die Ansprechperson für diejenigen, die angeschrieben wurden und aus verschiedenen mehr oder weniger guten Gründen nicht teilnehmen wollten. Diese Gründe zu erfahren, hilft allerdings dabei zu verstehen, warum manche Gruppen schlechter abgebildet werden als andere, was letztlich auch wieder eine bessere Interpretation der Ergebnisse ermöglicht.

Welchen Rat hast du für Studenten und angehende Wissenschaftler, die gerade erst in ihre Karriere starten?

Spaß haben an den Sachen, die man macht und sich nicht zu stark von der Schnelllebigkeit unter Druck setzen lassen. Qualität entsteht auch durch Zeit und intensive Auseinandersetzung mit Themen.

Schließlich, kannst du uns ein wenig über dich außerhalb deiner Arbeit erzählen? Welche Hobbys oder Interessen verfolgst du in deiner Freizeit, und wie ergänzen sie deine Forschung?

Ich lege häufig Musik in Clubs auf, spiele in zwei Bands Gitarre und singe. Das sind Dinge, die meinen Alltag sehr viel schöner machen.

Meet-the-Team: Laura

In der Serie Meet-the-Team stellen wir jede Woche ein Mitglied der Forschungsgruppe vor, um einen Eindruck jenseits der wissenschaftlichen Arbeit zu vermitteln. Dazu hat uns unserer studentischer Mitarbeiter Philippe Sander ein paar Fragen gestellt.

Heute im Interview: Laura Mark. Sie ist Stadtplanerin und beschäftigt sich mit der inhaltlichen Wirkung von Beteiligung auf politische und planerische Entscheidungen. Mehr Informationen zu Lauras Forschung finden sich hier.

Foto: Tilman Schenk

Was hat dich dazu inspiriert, eine Karriere in deinem Forschungsbereich anzustreben, und wie hast du in deinem Fachbereich begonnen?

Ich habe zunächst Stadt- und Regionalplanung studiert. Daran fand ich spannend, dass das verschiedene Themenbereiche wie Ökologie und soziale wie auch kulturelle Aspekte zusammenbringt. Die Aufgabe besteht dann darin, das alles gleichzeitig zu berücksichtigen. Nach dem Studium habe ich in einem Ingenieurbüro im Bereich Verkehr gearbeitet und gemerkt, dass es mir zu technisch und zahlenfokussiert ist und mir der soziale Aspekt etwas fehlte. So bin ich nun in dieser Schnittstelle zwischen Planungswissenschaft und Sozialwissenschaft gelandet.

Kannst du dein aktuelles Forschungsprojekt beschreiben und was du damit erreichen möchtest? Was findest du daran persönlich am interessantesten?

Ich beschäftige mich aktuell mit der Wirkung von Öffentlichkeitsbeteiligung auf Projekte zur nachhaltigen Mobilität. Was mich daran besonders interessiert ist, dass es ein sehr aktuelles Thema ist. Beteiligung wird im Moment sehr breit diskutiert und obwohl die Forschung dazu noch recht dünn ist, wird die inhaltliche Wirkung auf eine Entscheidung oft als gegeben hingenommen. Einige Akteure haben auch wenig Interesse, da genauer hinzuschauen.

Wie gehst du bei deiner Forschung vor? Welche Methoden, Theorien oder Frameworks verwendest du?

Ich forsche qualitativ und betrachte dabei zwei Fallstudien im Detail. Meine Herangehensweise ist angelehnt an das Process-Tracing. Das ist im Gegensatz zu vielen bisherigen Studien zu dem Thema ein sehr detaillierter Ansatz und nimmt viele verschiedene Einflüsse auf die Wirkung mit in den Fokus. Ich arbeite hauptsächlich mit Interviews und Medienanalysen sowie teilnehmenden Beobachtungen und zum Teil mit Befragungsdaten aus unserem Forschungsprojekt.

Was sind einige der größten Herausforderungen, mit denen du in deiner Arbeit konfrontiert bist, und wie überwindest du sie?

Die größte Herausforderung ist, dass die Planungsprozesse in der Praxis nicht so ablaufen wie in der Theorie. Für mich ist es wichtig, prozessbegleitend zu forschen, da ich vor allem die inhaltliche Wirkung betrachte. Allerdings haben sich die Planungsprozesse teilweise stark verzögert, nicht nur aufgrund von Corona. Die realistische Zeitplanung ist daher definitiv eine Herausforderung. Somit müssen die Zeitpläne immer flexibel an den Projektverlauf und die Situation in den Fallstudien angepasst werden.

Wie bleibst du auf dem neuesten Stand der Trends und Entwicklungen in deinem Fachgebiet?

Ich bin auf Twitter mit anderen Forschenden und Praktiker*innen vernetzt, nehme außerdem an Konferenzen teil und bin Teil eines Arbeitskreises der Akademie für Raumordnung in der Leibniz-Gemeinschaft (ARL), mit Fokus auf Mobilität und soziale Teilhabe. Da mein Fachgebiet nicht nur in die rein wissenschaftliche Richtung geht und in der Praxis auch gerade sehr viel passiert – das Thema Verkehrswende wird aktuell viel diskutiert, bezüglich Klimawandel etc. – informiere ich mich natürlich auch über den akademischen Diskurs hinaus, beispielsweise über Zeitungen oder Podcasts. Auch gibt es oft kostenlose Webinare oder Workshops verschiedener (Praxis-)Organisationen, bei denen man sich weiterbilden kann.

Wie arbeitest du mit anderen Forschenden oder Expert*innen in deinem Bereich zusammen, um deine Projekte zu verbessern?

Der genannte Arbeitskreis ist auf jeden Fall wichtig, da es dort hauptsächlich um Mobilität geht, aber ich auch den Partizipationsaspekt mit einbringen kann. Ich nehme an verschiedenen, teils auch interdisziplinären Kolloquien teil und stelle dort meine Arbeit regelmäßig vor. Es gibt zum Beispiel eines zur sozialökologischen Transformationen mit verschiedenen Themen. Außerdem arbeiten wir auch im Forschungsprojekt eng zusammen und tragen beispielsweise auf Konferenzen vor.

Welchen Einfluss hoffst du, dass deine Forschung auf die Gesellschaft oder das Feld haben wird?

Ich hoffe, dass meine Forschung dazu beiträgt, Beteiligungsprozesse besser verstehen zu können und vielleicht auch für die öffentliche Hand planbarer zu machen. Außerdem hoffe ich, dass die Beschäftigung mit der inhaltlichen Wirkung dazu führt, dass die öffentliche Hand dieses Thema stärker berücksichtigt und letztendlich nicht mehr umhinkommt kommt, die Bevölkerung auch wirklich ernst zu nehmen und transparenter darzustellen, was mit Beteiligungsergebnissen passiert.

Was sind einige aufkommende Trends oder zukünftige Richtungen, die du in deinem Forschungsgebiet siehst?

Der Fokus auf Beteiligung der Zivilgesellschaft wird in Praxis und Forschung immer stärker. Wichtig ist die Frage, wie diese Beteiligung besser gestaltet werden kann und wie mit Konflikten bezüglich dringend notwendiger Veränderungen, beispielsweise im Stadtraum, umgegangen werden kann. Außerdem stellt sich auch weiterhin die Frage, wie bestimmte Gruppen erreicht werden können, die sich traditionell wenig beteiligen. Trends im Bereich Mobilität sind (unter vielen anderen) zum einen technische Aspekte wie z.B. autonomes Fahren. Außerdem geht es viel darum, wie Wissen zur Mobilitätswende nun praktisch umgesetzt werden kann – hier ist gerade die Rolle der Kommunen relevant, die jetzt stärker versuchen, mehr Spielräume zu bekommen, um Tempo-30 auszuweisen oder bestimmte Gebiete autofrei zu machen.

Kannst du uns von interessanten oder bedeutsamen Erfahrungen berichten, die du während deiner Forschung gemacht hast?

Für mich war vor allem die Erfahrung interessant, dass die Praxis komplett anders ist als die Theorie. Was ich dabei auch spannend fand, ist, dass sich die Leute in den Interviews teilweise sehr stark widersprochen haben, da die Wahrnehmungen über das Planungsverfahren sehr unterschiedlich waren. Bei Protokollen, zum Beispiel aus Ausschusssitzungen, sah es dann wieder ganz anders aus; das sind alles Wahrheiten und Sichtweisen, mit deren Hilfe ich mich dann dem Prozess annähern kann.

Welchen Rat hast du für Studierende und angehende Wissenschaftler*innen, die gerade erst in ihre Karriere starten?

Ich denke, man sollte nicht zu viel planen, sondern nach dem gehen, was einen interessiert. Man sollte Vertrauen haben, dass sich alles am Ende zu etwas Stimmigem zusammenfügt.

Schließlich, kannst du uns ein wenig über dich außerhalb deiner Arbeit erzählen? Welche Hobbys oder Interessen verfolgst du in deiner Freizeit, und wie ergänzen sie deine Forschung?

Ich bin sehr gerne draußen, ich gehe gerne Wandern und fahre gerne Fahrrad; ich mache Kampfsport und Yoga in meiner Freizeit. Das ergänzt auf jeden Fall meine Forschung in dem Sinne, dass ich dabei abschalten kann. Es ist etwas ganz anderes, nicht so intellektuell. Manchmal ist das auch etwas stressig, weil ich mir hin und wieder beim Fahrradfahren denke: „wer hat denn das genehmigt, das ist ja viel zu schmal, das entspricht ja gar nicht der Regelbreite, wer macht denn sowas!“.

Meet-the-Team: Julia

In der Serie Meet-the-Team stellen wir jede Woche ein Mitglied der Forschungsgruppe vor, um einen Eindruck jenseits der wissenschaftlichen Arbeit zu vermitteln. Dazu hat uns unserer studentischer Mitarbeiter Philippe Sander ein paar Fragen gestellt.

Heute im Interview: Julia Romberg. Als Informatikerin entwickelt sie Verfahren zur (teil-) automatisierten Klassifikation von Beiträgen in Beteiligungsverfahren. Mehr Infos zu Julias Forschung finden sich hier.

Julia Romberg
Foto: Tilman Schenk

Was hat dich dazu inspiriert, eine Karriere in deinem Forschungsbereich anzustreben, und wie hast du in deinem Fachbereich begonnen?

Ich habe Informatik studiert, weil ich in der Schule Spaß an Mathematik hatte und etwas Technisches ausprobieren wollte. Im Master habe ich angefangen, mit Sprachdaten zu arbeiten. Da ich die menschliche Sprache schon immer sehr interessant fand, bin ich dann dabei geblieben.

Kannst du dein aktuelles Forschungsprojekt beschreiben und was du damit erreichen möchtest? Was findest du daran persönlich am interessantesten?

In meinem Forschungsprojekt geht es darum, die Auswertung von textuellen Beiträgen aus Bürger*innenbeteiligungsverfahren maschinell zu unterstützen. Eine Herausforderung dabei ist, dass oft große Mengen an Daten generiert werden z.B. als E-Mails oder über Online-Plattformen. Diese sollen in einem zeitlichen Rahmen ausgewertet werden, aber die Auswertung muss gleichzeitig demokratische Normen erfüllen (u.a. soll jede Stimme gehört werden). Das ist schwierig, wenn man das rein händisch macht, und genau da setze ich an.

Wie gehst du bei deiner Forschung vor? Welche Methoden, Theorien oder Frameworks verwendest du?

Ich setze Werkzeuge der automatischen Sprachverarbeitung ein, um zum einen die Beiträge thematisch vorzusortieren und zum anderen Vorschläge und Argumente der Bürger*innen zu identifizieren, sodass diese in der anschließenden manuellen Analyse hervorgehoben werden können.

Was sind einige der größten Herausforderungen, mit denen du in deiner Arbeit konfrontiert bist, und wie überwindest du sie?

Wir sind ein transdisziplinäres und interdisziplinäres Projekt. Die Kommunikation über verschiedene Disziplinen hinweg ist immer ein bisschen schwierig z.B. wegen unterschiedlicher Terminologien und des starken Fokus auf sehr spezifische Forschungsfragen. Deshalb haben wir uns am Anfang des Projekts Zeit genommen, um uns gegenseitig auf ein Level zu bringen, sodass wir uns verstehen können und sensibilisiert für diese Herausforderung sind. Ähnlich ist es auch, wenn man mit der Praxis kommuniziert, damit Personen ohne näheren Bezug zu dem Forschungsbereich unsere Forschung verstehen können. Meine Empfehlung für eine gute Wissenschaftskommunikation ist „learning by doing“, z.B. indem man regelmäßig Vorträge für ein Nicht-Fachpublikum aufbereitet.

Wie bleibst du auf dem neuesten Stand der Trends und Entwicklungen in deinem Fachgebiet?

Von Vorteil ist es natürlich, dass KI und Sprachverarbeitung mittlerweile das breite Interesse der Medien geweckt haben (Stichwort ChatGPT). Zudem ist das Lesen der aktuellen Literatur ein Muss. Die Schnelllebigkeit des Forschungsbereich macht es gleichzeitig aber auch schwer, einen vollumfänglichen Überblick zu behalten. Hierzu ist der Austausch mit Kolleg*innen ebenso wie die Teilnahme an Tutorials und Workshops wichtig, um auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben.

Wie arbeitest du mit anderen Forschern oder Experten in deinem Bereich zusammen, um deine Projekte zu verbessern?

Ich nehme teil an und organisiere Kolloquien und Workshops, in denen man sich zu verschiedenen thematischen Schwerpunkten austauscht. Anregungen aus solchen Gesprächen und Diskussionen fließen natürlich auch wieder in die eigene Arbeit mit ein, und manchmal ergeben sich sogar Kooperationen.

Welchen Einfluss hoffst du, dass deine Forschung auf die Gesellschaft oder das Feld haben wird?

Ich hoffe, dass die entwickelten Methoden Anwendung in der Praxis finden können.

Was sind einige aufkommende Trends oder zukünftige Richtungen, die du in deinem Forschungsgebiet siehst?

Ein aktueller Trend sind „prompt-based“-Ansätze, bei denen man Large Language Models (Sprachmodelle) konsultiert, um verschiedene Ziele zu erreichen.

Kannst du uns von interessanten oder bedeutsamen Erfahrungen berichten, die du während deiner Forschung gemacht hast?

Bevor ich hier im Projekt angefangen habe, habe ich an einem Lehrstuhl in der Informatik geforscht, weshalb die sozialwissenschaftliche und praxisnahe Orientierung eine große Umstellung war. In der Grundlagenforschung werden meist sehr fortschrittliche Konzepte entwickelt, aber eigentlich braucht die Praxis in der Regel erst mal bodenständige Lösungen.

Welchen Rat hast du für Student*innen und angehende Wissenschaftler*innen, die gerade erst in ihre Karriere starten?

Man sollte sich ein gutes Netzwerk suchen, und man sollte sich schon ziemlich am Anfang klar darüber werden, was genau man erforschen will. Es hilft, einen möglichst engen Rahmen zu setzen, um ein realistischen Projektmanagement zu entwickeln. Auch aus einem kleinen abgesteckten Rahmen ergibt sich in der Regel ziemlich viel Forschung. Besonders bei inter- und transdisziplinären Projekten sollte außerdem sichergestellt sein, dass genug Zeit für Forschung bleibt, die auch innerhalb der eigenen Disziplin von Relevanz ist.

Schließlich, kannst du uns ein wenig über dich außerhalb deiner Arbeit erzählen? Welche Hobbys oder Interessen verfolgst du in deiner Freizeit, und wie ergänzen sie deine Forschung?

Ich spiele Bass in einer Band und mache Yoga als Ausgleich. Beim Ashtanga-Yoga kommt man nur weiter, wenn man beharrlich ist. Ebenso ist es in der Wissenschaft: Man muss an einer Sache dran bleibt, bis sie sich auszahlt.